Über die Schwierigkeiten, mit den Problemen des Terrorismus fertig zu werden

Autor/innen

  • Prokla Redaktion

DOI:

https://doi.org/10.32387/prokla.v8i30.1674

Schlagworte:

Terrorismus, autoritäre Demokratie, Deutschland

Abstract

Schon seit Jahren sprechen wir von „Tendenzwende", von der „zweiten Restaurationsphase" (nach dem ersten antikommunistischen, restaurativen ,roll back' unter Adenauer in den 50er Jahren), von der Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland zur autoritären Demokratie. Eine Reihe von Gruppen und politischen Theoretikern gar hegt die Auffassung, die westdeutsche Bundesrepublik befinde sich auf dem besten, oder besser gesagt: auf dem schlechtesten Wege in einen „neuen Faschismus". Tatsächlich ist nach der durch die Studenten- und Jugendlichenrevolte aufgewühlten, offenen, Entwicklungsphase der 60er Jahre der Normalität deutscher Obrigkeitsstaatlichkeit wieder Geltung verschafft worden. Die eingeleiteten Reformen wurden rückgängig gemacht, gestoppt oder so verbogen, daß außer Effizienz nichts mehr; vor allem kein Körnchen Emanzipation, übrig bleibt. Der Staat der Bundesrepublik Deutschland zeigt, wie Franz Josef Strauß es ausdrückte, seine Zähne. Und daß dieser Staat zuzuschlagen versteht, hat nicht nur die spektakuläre Aktion von Mogadishu weltweit deutlich gemacht. Aber auch in den übrigen Bereichen der Öffentlichkeit, der gesellschaftlichen Institutionen und Organisationen ist die Tendenzwende kennzeichnendes Merkmal der gegenwärtigen Phase der westdeutschen Entwicklung. Den Berufsverboten nach den Ministerpräsidentenerlassen von 197 2 im staatlichen Bereich folgten die
Unvereinbarkeitsbeschlüsse in den Gewerkschaften. Im Bildungswesen ist die Lockerheit antiautoritären Verhaltens in Unterricht und Studium vorbei, im Justizapparat wird durchgegriffen. So eine „schlappe" Verhaltensweise wie die Amnestie für Demonstrationsstraftaten im Jahre 1969 unter der Kanzlerschaft Willy Brandts wäre gegenwärtig undenkbar. Die „heißen" Herbste und Sommer der späten 60er Jahre sind durch die frostige Kälte einer durch und durch autoritären Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik abgelöst worden. Dabei wirkte das Ende der ökonomischen Prosperität, der Übergang zur Dauerkrise mit Massenarbeitslosigkeit wie ein Verstärker. Austerity, d. h. eine Politik der ökonomischem Restriktionen und der politischen Strenge, wurde - übrigens im ganzen von der Krise betroffenen Westeuropa - zum Begriff für das gegenwärtige staatliche Handeln. ökonomische Krise, Rechtsentwicklungen im Parteiensystem der BRD und die niemals in der jüngeren deutschen Geschichte aufgearbeitete obrigkeitsstaaliche preußisch-deutsche Tradition definieren das Terrain, auf dem wir alle uns in unserer politischen, aber nicht nur politischen Existenz bewegen.

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Veröffentlicht

1978-03-01

Zitationsvorschlag

Redaktion, P. (1978). Über die Schwierigkeiten, mit den Problemen des Terrorismus fertig zu werden. PROKLA. Zeitschrift für Kritische Sozialwissenschaft, 8(30), 135–158. https://doi.org/10.32387/prokla.v8i30.1674

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