Das Gespenst der Care-Krise

Ein kritischer Blick auf eine aktuelle Debatte

Autor/innen

  • Friederike Maier HWR Berlin
  • Dorothea Schmidt HWR Berlin

DOI:

https://doi.org/10.32387/prokla.v49i195.1821

Schlagworte:

Sorge-Arbeit, Feminismus, Care, Krise der Reproduktion

Abstract

In den letzten Jahren diagnostizierten viele Sozialforscher eine schwere Care-Krise sowohl im Bereich der bezahlten als auch der unbezahlten personenbezogenen Dienstleistungen. Care bezieht sich auf die  Bereiche Bildung, Gesundheit, Kinderbetreuung, Altenpflege und anderen Bereichen definiert, aber die Grenzen des Sektors bleiben oft unklar. Es wird argumentiert, dass Sorgearbeiten im Allgemeinen unterbewertet, vernachlässigt, feminisiert und sozial marginalisiert werden. Im Gegensatz zu dieser Ansicht argumentieren wir, dass diese Verallgemeinerungen der Bedingungen in bestimmten Teilen der Sorgearbeit nicht überzeugend sind. Wir argumentieren, dass es sinnvoller ist, die Entwicklungen von Fall zu Fall zu analysieren, um die soziale und gesellschaftliche Dynamik der Sorgearbeit zu verstehen. Zu diesem Zweck vergleichen wir zwei exemplarische Fälle: die Entwicklung der Kinder- und Altenpflege in Deutschland in den letzten Jahrzehnten. Sie unterscheiden sich nach dem Niveau der beruflichen Qualifikation, dem Gehalt der Mitarbeiter, den allgemeinen Arbeitsbedingungen und der Qualität der Dienstleistungen. Diese Unterschiede sind auf soziale Bewegungen zurückzuführen, die zu dem Verständnis geführt haben, dass Kinderbetreuung eine Angelegenheit der öffentlichen Verantwortung ist, während die Seniorenbetreuung weitgehend im Bereich der Privatsphäre gefangen blieb. Wir halten Verbesserungen in beiden Bereichen für notwendig, aber wir halten es für wichtig, anzuerkennen, dass sie Errungenschaften, Sackgassen, Nachteile und Widersprüche auf unterschiedliche Weise erlebt haben und nicht allzu leicht unter einer Rubrik zusammengefasst werden sollten.

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Veröffentlicht

2019-06-19

Zitationsvorschlag

Maier, F., & Schmidt, D. (2019). Das Gespenst der Care-Krise: Ein kritischer Blick auf eine aktuelle Debatte. PROKLA. Zeitschrift für Kritische Sozialwissenschaft, 49(195), 239–258. https://doi.org/10.32387/prokla.v49i195.1821

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