Bd. 37 Nr. 148 (2007): Vertriebswirtschaftlichung

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Betriebswirtschaftliche Effizienz, Output-Orientierung, Dienstleistungskultur, Humankapital - Managern großer Unternehmen oder Studierenden der Betriebswirtschaftslehre sind diese Begriffe wohl bekannt. Neu ist allerdings, dass diese Konzepte zunehmend in gesellschaftlichen Lebensbereichen etabliert werden, denen sie lange Zeit recht fremd waren. Behörden werden in Agenturen umgewandelt; Patientinnen, Hartz IV Empfänger oder Studierende werden als Kunden adressiert; die Auswertung organisatorischer Abläufe auch außerhalb des privatwirtschaftlichen Unternehmenssektors wird Prozessen des "Controlling" und "Benchmarking" unterzogen. Dieser Wandel nicht nur der Begrifflichkeiten, sondern auch der damit verbundenen institutionellen Logiken beruht auf tiefgreifenden gesellschaftlichen Umbrüchen, die in den vergangenen Jahren maßgeblich unter dem Schlagwort der "Ökonomisierung" intensiv diskutiert worden sind. An diese Diskussionen knüpft das vorliegende Heft zur "Verbetriebswirtschaftliehung" der Gesellschaft an. Komplementär zu bestehenden Analysen des Strukturwandels auf der makroökonomischen und makro-sozialen Ebene nehmen die Beitrage dieser Ausgabe die Tendenzen, Mechanismen und Konsequenzen von Ökonomisierung und Kommodifizierung auf der Meso- und Mikro-Ebene des gesellschaftlichen Lebens in den Blick. "Verbetriebswirtschaftlichung" wird hier verstanden als die mikropolitische, mikroökonomische und mikrosoziale Umsetzung von Prozessen der Liberalisierung, Privatisierung und Deregulierung. Gefragt wird, auf welche Weise markt- und betriebsförmige Rationalitatskriterien in den alltäglichen Handlungsorientierungen sozialer Akteure verankert werden. Wie wird die Ausrichtung (eigentlich) nichtprofitorientierter Handlungsbereiche an betriebswirtschaftlichen Effizienzkriterien, an Maximen der Kostensenkung und quantitativen Outputmaximierung, wie werden die "managerielle" Umgestaltung von Organisationsstrukturen und die Einführung von indikatoren- und "qualitäts"- basierten Standardisierungs- und Evaluationsverfahren sozial verhandelt, konstruiert, stabilisiert, unterlaufen und bekämpft - und damit in neue Formen und Logiken institutioneller Steuerung überfuhrt?

Veröffentlicht: 2007-09-01